Rückenschmerzen haben immer eine Ursache. Durch Forschungsergebnisse und moderne Bildgebungsmöglichkeiten lassen sich die Ursachen finden. Eine sehr häufige Ursache ist eine fortschreitende Degeneration der Bandscheibe mit zunehmenden Lebensalter. Es kommt zu einer Verschmälerung der Bandscheibe. In Röntgen und Magnetresonanzbefunden wird dies als Osteochondrose bezeichnet, im englischen Sprachraum besser als Degenerative Disc Disease DDD. Die Schmerzentstehung ist deutlich komplexer als bei einem Bandscheibenvorfall und kann auch damit verglichen werden.
Wie entsteht der Schmerz in einer degenerierten Bandscheibe?
Damit eine Struktur als Schmerzursache angesehen werden kann, muss sie
1) eine Nervenversorgung haben
2) sie muss anfällig für Krankheit, Verletzung oder Degeneration sein
3) sie muss in der Lage sein, typische Schmerzen zu verursachen, die klinischen Beobachtungen entsprechen.
Nervenwachstum in die Bandscheibe und Substanz P als Schmerzursache
In der Bandscheibe gibt es Nervenäste als Sensoren. Die oberflächlichen Schichten des äusseren Knorpelfaserrings der Bandscheibe enthalten Nervenfasern: Äste des Nervus sinuvertebralis.
Ein dichtes Nervennetzwerk am hinteren Teil der Bandscheibe wurde bei Ratten nachgewiesen. Je stärker die Degeneration der Bandscheibe, desto mehr freie Nervenenden konnten gezählt werden.
Die Substanz P ist ein Neurotransmitter aus der Gruppe der Neurokinine. Sie spielt eine wichtige Rolle bei Schmerzübertragung und der Steuerung von Entzündungsprozessen.
Substanz P Immunreaktivität deutet auf nozizeptive Eigenschaften zumindest einiger dieser Nerven hin, was weitere Beweise für ein morphologisches Substrat diskogener Schmerzen liefert. Nervenfasern waren in Kontrollproben auf das äußere oder mittlere Drittel des Ringes beschränkt.
Bei Patienten, die sich einer Wirbelsäulenstabilisierung für chronischen Rückenschmerz unterzogen, dehnten sich die Nerven in 46% in das innere Drittel der Faserrings und in 22% in den Kern der Bandscheibe aus. Die Ergebnisse, dass isolierte Nervenfasern die Substanz P tief in den erkrankten Bandscheiben exprimieren und die Assoziation mit Schmerzen deuten auf eine wichtige Rolle für das Nervenwachstum in die Bandscheibe bei der Pathogenese chronischer Rückenschmerzen hin.
Auch das Längsband verursacht Schmerzen
Bandscheiben und Wirbelkörper werden von einem Längsband verbunden und bilden die Trennschicht zum Rohr des Rückenmarks. Substanz P-, Dopamin- und Cholinacetyltransferase-immunoreaktive Nervenfasern finden sich auch in menschlichen Längsbändern, die chirurgisch entfernt wurden. Diese Ergebnisse liefern nicht nur Beweise einer Nervenversorgung dieser Bänder, sondern zeigen auch Veränderungen im Zusammenhang mit schmerzhaften, degenerierten Bandscheiben auf.
Ein Beeinflussung dieser Prozesse könnte einen grossen Schritt in der Behandlung von chronischen Rückenschmerzen bedeuten und werden zur Zeit intensiv erforscht.
OA Dr. Philipp Becker und das Team des Rückenschmerzpunkt Wien
Comments