Joggen ist eine der beliebtesten Formen der körperlichen Betätigung und spielt eine wichtige Rolle in der menschlichen Evolution. Insbesondere unsere Fähigkeit, über lange Distanzen zu laufen, hat uns in der Natur einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Lebewesen verschafft.
Mittlerweile unterscheidet sich der Laufsport jedoch stark von dem Laufen unserer Vorfahren:
Unsere Vorfahren liefen barfuß oder mit sehr primitiven Schuhwerken, wie Sandalen aus natürlichen Materialien. Diese boten wenig bis keinen Dämpfungsschutz.
Moderne Laufschuhe sind mit fortschrittlichen Dämpfungssystemen ausgestattet, die Stöße absorbieren und die Belastung der Gelenke reduzieren. Leider belohnen Sie auch den berüchtigten “Heel-Strike” bei dem die Ferse als Erstes den Boden berührt.
Modernes Jogging findet oft auf hartem, ebenen Untergrund wie Asphalt und Beton statt, was zu einer höheren Belastung von Gelenken und Wirbelsäule führen könnte.
Obwohl viele Jogger für Langstreckenrennen trainieren, gibt es heutzutage große Unterschiede in der Lauffrequenz und den Distanzen, wie zum Beispiel Sprints, HIIT-Workouts (Intervalltraining) oder Ultramarathons.
Während die Vorteile des Laufens für das Herz-Kreislauf-System, das psychische Wohlbefinden und die allgemeine Fitness bekannt sind, gibt es teilweise Bedenken hinsichtlich der möglichen negativen Auswirkungen auf die Bandscheiben der Wirbelsäule.
Das aktuelle Forschungs Update
Eine aktuelle systematische Übersichtsarbeit, mit dem Titel: “Impact of Running Exercise on
Intervertebral Disc: A Systematic Review” wurde im Jänner 2024 im Journal Sports Health veröffentlicht.
Die Studie hat wissenschaftliche Publikationen aus vier renommierten medizinischen Datenbanken analysiert.
Ziel der Studie war es, die Veränderungen in Morphologie oder Zusammensetzung der Bandscheiben infolge von Laufen zu bewerten und zu ermitteln, wie sich regelmäßiges Joggen auf diese auswirkt.
Die Teilnehmer
Die Auswahl der Studien für die systematische Übersicht basierte auf mehreren Kriterien:
Es wurden Vergleiche vor und nach dem Laufen oder zwischen Läufern und gesunden Kontrollpersonen durchgeführt.
Die Morphologie oder Zusammensetzung der Bandscheiben wurde direkt oder indirekt gemessen.
Gesunde Personen ohne bekannte Bandscheiben-Erkrankungen oder größere Komplikationen.
Die Studienteilnehmer führten einmalige oder regelmäßige Laufübungen durch.
Ausschlusskriterien umfassten unter anderem Übersichtsarbeiten, tierische Studien und die Inklusion anderer Sportarten.
Analyse der Daten
Insgesamt wurden 13 Studien mit 632 Teilnehmern in die systematische Überprüfung einbezogen.
Vier Studien maßen Veränderungen der Bandscheiben durch Messungen der Körpergröße oder Wirbelsäulenhöhe, während neun Studien MRT-Bilder verwendeten.
Darunter 5 Querschnittsstudien. Das sind “Momentaufnahmen” und erfassen Daten von einer Gruppe von Menschen zu einem einzigen Zeitpunkt, um Zustände oder Verhaltensweisen zu analysieren, ohne Ursache und Wirkung zu bestimmen.
Die Qualität der Studien und das Risiko von Verzerrungen wurden mithilfe der Newcastle-Ottawa-Skala bewertet. Hierfür wird unter anderem berücksichtigt, ob die Teilnehmer auch repräsentativ für die Allgemeinbevölkerung waren und wie die Ergebnisse gemessen wurden.
Die Ergebnisse der Studie
Sechs Studien zeigten, dass Laufen kurzfristig negative Auswirkungen auf die Bandscheiben hat.
Drei von fünf Querschnittsstudien ergaben, dass die Bandscheibenparameter bei Läufern besser waren als bei Kontrollen.
Eine Langzeitstudie stellte keinen signifikanten Unterschied in den Bandscheiben vor und nach einem Marathontraining bei Läufern fest.
Eine weitere Langzeitstudie fand nach 15 Jahren keinen signifikanten Unterschied in den Bandscheiben-Veränderungen zwischen Läufern und Kontrollen.
Studienqualität und Einschränkungen
Die Studienqualität ist begrenzt und variierte, mit Bewertungen zwischen 4 und 7 von 9 möglichen Punkten auf der Newcastle-Ottawa-Skala. Die relativ niedrige Qualität könnte auf Verzerrungen bei der Auswahl der Teilnehmer zurückzuführen sein. Es mangelt noch an hochwertigen Langzeitstudien.
Zudem erschwert die große Vielfalt der Studiendesigns und Messmethoden die Bestimmung eines optimalen Laufvolumens. Nur eine Studie berücksichtigte die Beschaffenheit der Laufoberfläche. Was ein wichtiger Einflussfaktor sein könnte, da die Laufbewegung beim kurvigen Trail-Running auf Waldboden anders sein könnte, als bei einem City-Marathon auf Asphalt.
Akute Auswirkungen auf den Rücken
Kurz nach dem Laufen wurde oft eine Verringerung der Wirbelsäulenhöhe und des Volumens der Bandscheiben beobachtet. Diese kurzfristigen negativen Effekte könnten durch die vorübergehende Kompression und den Verlust von Wasser in den Bandscheiben erklärt werden.
Langfristige Auswirkungen
Querschnittsstudien zeigten, dass regelmäßige Läufer oft gesündere Bandscheibenparameter haben als Nichtläufer. Zwei Langzeitstudien fanden jedoch keine signifikanten Unterschiede zwischen Läufern und Nichtläufern.
Laufdistanzen
Die akuten Effekte des Laufens wurden meist bei Distanzen zwischen 6 und 9 Meilen (ca. 9,6 - 14,5 km) oder Laufzeiten von 30 Minuten bis 1 Stunde untersucht.
Längere Laufdistanzen (z. B. 25 km) führten zu einer signifikanten Abnahme der Bandscheibenhöhe.
Eine Studie stellte sogar fest, dass Frauen möglicherweise anfälliger für Belastungen durch hohe Laufdistanzen sind.
Aufgrund der Vielfalt der Studiendesigns und Messmethoden lässt sich keine optimale Laufdistanz in Bezug auf Bandscheibengesundheit ermitteln.
Wieso beeinflusst Laufen die Bandscheiben?
Laufen beeinflusst die Bandscheiben vor allem durch die mechanischen Belastungen, die beim Bodenkontakt entstehen. Wenn die Füße den Boden berühren, wird der Körper schnell abgebremst, was Stoßwellen erzeugt. Diese Stoßwellen wandern durch den Körper bis zur Wirbelsäule.
Die dadurch entstehende Belastung kann bis zu 3-Mal so hoch sein wie das Körpergewicht und führt möglicherweise zu Entzündungen rund um die Wirbel und Rückenmuskeln, was schließlich zu Schäden an den Bandscheiben führen könnte.
Die Forscher glauben zudem, dass die Belastung kann dazu führen, dass Wasser aus dem Kern der Bandscheiben herausgedrückt wird. Dieser Wasserverlust kann die Höhe und das Volumen der Bandscheiben verringern.
3 potenziell positive Mechanismen bei optimaler Belastung
Nach einer Belastungsphase können sich die Bandscheiben in einer Erholungsphase regenerieren und sogar in einen besseren Zustand (eine sogenannte Superkompensation) übergehen, was bei regelmäßigen Läufern beobachtet wurde.
Während der äußere Teil der Bandscheiben durch das umliegende Gefäßsystem mit Nährstoffen versorgt wird, erhalten der innere Teil und der Kern Nährstoffe durch den Flüssigkeitsaustausch innerhalb des Bandscheibengewebes. Die richtige Belastung hilft dabei, diesen Austausch zu fördern und die Bandscheiben gesund zu halten.
Zellen im Kern der Bandscheiben zeigen eine anabole (also eine aufbauende) Reaktion auf leichte bis mittlere Druckbelastungen. Dies kann zur Erneuerung und Reparatur der Bandscheiben beitragen.
Fazit
Kurzfristig könnten negative Veränderungen in den Bandscheiben nach dem Laufen auftreten, was laut den Forschern möglicherweise auf die vorübergehende Kompression zurückzuführen ist, die den Wassergehalt aus der Scheibe drückt.
Weitaus wichtiger sind natürlich die langfristigen Auswirkungen des regelmäßigen Lauftrainings. Hier deuten Querschnittsstudien darauf hin, dass langfristiges Laufen eine leicht positive Wirkung auf die Bandscheiben haben kann. Leider wurde diese Annahme durch umfassende Langzeitstudien noch nicht bestätigt.
Trotz dieser Widersprüche können leidenschaftliche Läufer, die sich über eine kontinuierliche Degeneration der Bandscheiben Sorgen machen, aufatmen, denn dafür gibt es aktuell keine Anhaltspunkte.
Hingegen kann ein sitzender Lebensstil, der das genaue Gegenteil von Joggen darstellt, tatsächlich eine Hauptursache für die Degeneration der Bandscheiben sein.
Die Top 3 Empfehlungen des Rückenschmerzpunkt Wien
Bei einem akuten Bandscheibenvorfall, ist eine Pause des Lauftrainings notwendig.
Wenn Sie unmittelbar nach dem Laufen Rückenschmerzen haben, muss dies ärztlich abgeklärt werden.
Regelmäßiges Laufen ist für den Rücken kein Problem, es ersetzt nicht ein Training der Rumpfmuskulatur.
Wenn Sie weitere Fragen und eine Abklärung Ihres Rücken wollen, helfen wir Ihnen gerne weiter.
Dr. Philipp Becker und das Team des Rückenschmerzpunkt Wien - Das Rückenschmerzzentrum Wien-Speising
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